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21. Kinderbetreuung am Arbeitsplatz

Vorgestellt vom „Office of Equal Opportunities Ombudsperson” Litauen

Interviewte Person: Ramune M., weiblich

Darstellungsform des Interviews: Zusammenfassung des Interviews durch den Autor / die Autorin sowie Originalzitate

In welchen Bereichen hat die Beschäftigte Unterstützung erhalten?

  • Kinderbetreuungsangebote

  • Flexible Arbeitsregelungen

Ramune arbeitet seit 2008 als Buchhalterin in einem Einkaufszentrum der Einzelhandelskette „Rimi“ in Vilnius. Sie ist 32 Jahre alt und alleinerziehende Mutter einer fast dreijährigen Tochter. Ramune arbeitet täglich von 8 bis 18 Uhr. Ihr Arbeitgeber gibt ihr die seltene Gelegenheit, ihre Tochter in einer Kindertagesstätte eigens für Beschäftigte von Rimi betreuen zu lassen.

Ramune erklärt, dass Eltern, die an den Arbeitsplatz zurückkehren, oft ineffizienter und unzuverlässiger werden. Sie finden keine geeignete Kinderbetreuung und sind daher am Arbeitsplatz weniger produktiv. Darunter leidet auch die Arbeitszufriedenheit. Außerdem hat Ramune festgestellt, dass Eltern regelmäßig zu spät zur Arbeit kommen und eher gehen, weil sie ihre Kinder zur Tagesstätte bringen und dort abholen müssen. Das Unternehmen Rimi bemüht sich, ein familiengerechtes Umfeld zu schaffen, und hat daher als innovative Maßnahme eine Kinderbetreuung beim Unternehmen eingerichtet. In punkto soziale Verantwortung ist Rimi derzeit das führende Unternehmen in Litauen.

Aber obwohl Ramune ihre Tochter mehrmals am Tag sehen und ihre Mittagspause mit ihr verbringen kann, steht sie vor Herausforderungen. „Ich konnte mich zwar gut wieder ins Arbeitsumfeld einfügen, aber als ich darum bat, zu Hause arbeiten zu können, gab man mir deutlich zu verstehen, dass das nicht unbedingt eine gute Idee wäre. Das lag gar nicht an den bisherigen Erfahrungen mit der Telearbeit, die eigentlich sehr gut waren, sondern an einer neuen Führungskraft in der zuständigen Position. Und die hält es ‚grundsätzlich für besser, in der Firma zu arbeiten’“.

Ramune betont, dass Beschäftigte das Recht haben, bei entsprechendem Bedarf jederzeit Änderungen ihrer Arbeitsbedingungen zu verlangen. Arbeitgeber sollten ihrer Meinung nach verpflichtet sein, solche Anträge ernsthaft zu prüfen. Wie Ramune erklärt, stellen Eltern oft fest, dass sie bei flexiblen Arbeitsregelungen ihre beruflichen und familiären Pflichten miteinander vereinbaren können, um genügend Raum und Arbeitspausen für Eltern anzubieten, die an den Arbeitsplatz zurückgekehrt sind oder für ihre Kinder ein Betreuungsangebot am Arbeitsplatz nutzen. Auf der anderen Seite ist es schwierig, ein Kind in andere Hände zu geben. Ramune beschreibt ihre Gefühle mit folgenden Worten: „Meine kleine Tochter fremden Menschen zu überlassen, ist nicht das, was ich mir gewünscht habe. Da ich trotz der betrieblichen Kinderbetreuung immer noch viel fahren muss, ist der Stress groß. Ich weiß nicht, was ich gemacht hätte, wenn mein Arbeitgeber mir keine Kinderbetreuung angeboten hätte.“

Wie Ramune erklärt, ist eine Kinderbetreuung am Arbeitsplatz für Eltern natürlich eine sehr attraktive Lösung. Zum einen reduzieren sich die Fahrzeiten zwischen Arbeitsplatz und Kindertagesstätte erheblich. Auch Ramune nimmt ihr Kind einfach mit zur Arbeit. Sie muss keine zusätzlichen Fahrzeiten einplanen oder unbezahlte Urlaubsstunden nehmen. Das bringt mehrere Vorteile mit sich. Zum anderen verringert sich durch die kürzere Fahrstrecke die Gefahr von Verspätungen. Außerdem reduzieren sich die täglichen Aufgaben. Ein weiterer großer Vorteil liegt darin, dass Eltern und Kind mehr Zeit füreinander haben. Ramune kann ihr Mittagessen mit ihrer Tochter einnehmen und an Aktivitäten und Veranstaltungen der Tagesstätte teilnehmen. Diese Art des Miteinanders ist für das Wohl von Mutter und Kind von großer Bedeutung.

Ramune glaubt, dass die Arbeitgeber bei der Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine wichtige Rolle spielen. Daher sollten Arbeitgeber besser über das Thema informiert werden und insgesamt aufmerksamer und sensibler werden für die verschiedenen Aspekte einer familiengerechten Unternehmenspolitik. Wenn es den Regierungen gelänge, den Unternehmen – allen voran den internationalen Firmen – einen Großteil der Verantwortung für die Kinderbetreuung zu übertragen, wäre dies ein erster Schritt auf dem Weg zu familiengerechteren Arbeitsplätzen, so Ramune.