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26. Familiengerechter Arbeitsplatz mit „Mini-Kindergarten“

Vorgestellt von „European Partnership“, Litauen

Interviewte Person: Egle V., weiblich

Darstellungsform des Interviews: Zusammenfassung des Interviews durch den Autor / die Autorin sowie Originalzitate

In welchen Bereichen hat die Beschäftigte Unterstützung erhalten?

    • Kinderbetreuung

    • Flexible Arbeitsregelungen

    • Anderer Bereich: vom Arbeitgeber organisierte Treffen und Feiern

Egle V. lebt in Jurbarkas, einer Stadt im Südwesten von Litauen. Egle ist 34 Jahre alt und glückliche Mutter von drei Kindern – der achtjährigen Paulina, der vierjährigen Elena und der einjährigen Agne. Gemeinsam mit ihrem Ehemann versucht Egle, die beste Lösung für eine Aufteilung aller Erziehungspflichten zu finden und diese Pflichten mit ihrer Arbeit zu vereinbaren.

Egle arbeitet als Buchhalterin in einem Geschäft, das zu dem Privatunternehmen „Pas Agota“ von Birute Gardauskiene in Jurbarkas gehört. Egle ist bereits seit zehn Jahren für das Unternehmen tätig. Als 2001 ihr erstes Kind geboren wurde, nahm sie Mutterschaftsurlaub, bis die Tochter anderthalb Jahre alt war. Dann beschloss Egle, an den Arbeitsplatz zurückzukehren: „Ich habe meine Arbeit und meine Kolleginnen und Kollegen sehr vermisst. Wir sind wie eine große Familie“, sagt Egle. Allerdings hatte sie damals ein Problem: Die Tochter war oft krank, und es war daher nicht ratsam, sie im Kindergarten unterzubringen. Egles Eltern waren berufstätig, die Schwiegereltern lebten in einer anderen Stadt. Eigentlich wäre es die beste Lösung gewesen, wenn Egle eine Weile bei ihrer Tochter zu Hause geblieben wäre. Ihr Wunsch, wieder zu arbeiten, war jedoch zu groß. Egle fand schließlich eine Babysitterin, der sich um das Kind kümmerte, bis es drei Jahre alt war und in den Kindergarten gehen konnte. „Die Firmeninhaberin hat mich sehr unterstützt. Sie ist ein sehr warmherziger Mensch und fragt mich und die anderen Beschäftigten regelmäßig, wie es unseren Familien geht, ob alles in Ordnung ist oder ob wir vielleicht Probleme haben.“

Der Kindergarten schließt um 17 Uhr, und die Arbeit bei „Pas Agota“ endet werktags um 18 Uhr und samstags um 14 Uhr. Ebenso wie andere Frauen im Unternehmen musste Egle eher gehen, um ihr Kind abzuholen. „Mein Mann ist Lkw-Fahrer und kommt erst sehr spät nach Hause. Also bin ich diejenige, die Kinderbetreuung und Beruf unter einen Hut bringen muss.“ Egle wurde dabei von ihrem Arbeitgeber umfassend unterstützt. Sie durfte früher gehen, um das Kind rechtzeitig vom Kindergarten abzuholen und konnte einen Tag freinehmen, wenn das Kind krank war. Auch den gesetzlich vorgesehenen zusätzlichen Urlaubstag nahm Egle in Anspruch.5

Da das Geschäft auch samstags geöffnet ist, brachte Egle ihr Kind mit zur Arbeit. „Die Inhaberin stellte uns im Dachgeschoss des Gebäudes einen Raum mit Spielzeug zur Verfügung. Dort können die Kinder spielen, während wir arbeiten. Wir fühlen uns natürlich besser, wenn wir wissen, dass die Kinder hier gut aufgehoben sind.“ Den Raum hatte der Arbeitgeber selbst auf dem Betriebsgelände als „Mini-Kindergarten“ eingerichtet, und die Beschäftigten kümmern sich abwechselnd selbst um die Beaufsichtigung der Kinder.

Dieses vom Arbeitgeber geschaffene familiengerechte Umfeld war zusätzlicher Anreiz für Egle, zwei weitere Kinder zu bekommen. „Ich habe gemerkt, dass ich beides bewältigen kann – Kinderbetreuung und Beruf. Das haben wir der Inhaberin zu verdanken.“ Nach der Geburt ihres zweiten Kindes ging Egle für ein Jahr in Elternurlaub. Anschließend kümmerte sich ein Babysitter um das Kind, wenn sie arbeitete, und die ältere Tochter ging in den Kindergarten. Neben den beiden gesetzlich vorgesehenen zusätzlichen Urlaubstagen nahm sie auch den längeren Urlaub in Anspruch, der vom Arbeitgeber angeboten wurde. „Die Firmenleitung sagt uns immer, dass wir mehr Zeit mit unseren Kindern verbringen sollen.“

Das Unternehmen „Pas Agota“ organisiert seit vielen Jahren Weihnachtsfeiern für seine Beschäftigten und deren Familien in einer vom Arbeitgeber gemieteten Halle. Alle Beschäftigten und ihre Angehörigen wählen ein Motto für das fröhliche Weihnachtsfest, basteln Masken und machen sich gegenseitig kleine Geschenke. Der Geburtstag aller Beschäftigten und der Firmeninhaberin werden an zwei Tagen im Jahr gefeiert. Es gibt eine gemeinsame Feier für alle, die im ersten Halbjahr Geburtstag haben, und eine weitere Feier für jene, deren Geburtstag in die zweite Jahreshälfte fällt. Diese Entscheidung haben die Beschäftigten selbst getroffen, da sonst zu häufig gefeiert würde. Schließlich fallen in jedem Monat Geburtstage an.

Diese Veranstaltungen finden im Haus der Inhaberin statt, und sämtliche Beschäftigten, ihre Ehepartner und Kinder sind eingeladen. Neben den Geburtstagsfeiern organisiert der Arbeitgeber noch andere Veranstaltungen für seine Beschäftigten und deren Familien. „Wir haben sehr viel Spaß zusammen. Es kommt überhaupt nicht das Gefühl auf, dass einer der Chef und ein anderer nur einfacher Mitarbeiter ist. Wir sind wie eine große Familie, die Freud und Leid teilt“, sagt Egle.

Zurzeit ist Egle in Elternzeit mit ihrem dritten Kind, das ein Jahr alt ist. „Auch wenn ich gerade nicht arbeite, gehe ich oft mit meinen Kindern beim Geschäft vorbei, um meine Kolleginnen und Kollegen und die Inhaberin zu besuchen. Wir trinken Kaffee und reden über die Arbeit und das Leben. Es ist ein Ort, an den ich immer gerne zurückkehre.“