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27. Die Vorteile der Telearbeit für Menschen mit familiären Verpflichtungen

Vorgestellt von „European Partnership“, Litauen

Interviewte Person: Svajunas A., männlich

Darstellungsform des Interviews: Zusammenfassung des Interviews durch den Autor / die Autorin sowie Originalzitate

In welchen Bereichen hat der Beschäftigte Unterstützung erhalten?

    • Unterstützung des Unternehmens in der Elternzeit / in der Kinderbetreuung

    • Flexible Arbeitsregelungen

    • Anderer Bereich: vom Arbeitgeber organisierte Treffen und Feiern

Der 37jährige Svajunas A. arbeitet als technischer Berater für das Unternehmen JSC „Festo Lietuva“, das auf hydraulische und elektrische Automationstechnologie spezialisiert ist. „Festo Lietuva“ ist Teil des weltweit tätigen Konzerns „Festo“. Zusammen mit seiner 36jährigen Ehefrau Elena zieht Svajunas zwei Kinder groß, die siebenjährige Vaiva und die anderthalbjährige Simona. Er ist mittlerweile seit über elf Jahren bei „Festo Lietuva“ beschäftigt. In den ersten Jahren arbeitete er in der Niederlassung in Kaunas und wohnte dort auch mit seiner Familie. Dann beschloss das Unternehmen, dauerhaft einen Vertreter für Westlitauen (Region Klaipeda) in Klaipeda einzusetzen, und man schlug Svajunas vor, diese Funktion zu übernehmen und nach Klaipeda umzuziehen. Nach mehreren Gesprächen mit seiner Frau willigte Svajunas ein, gemeinsam mit seiner Familie nach Klaipeda zu ziehen. Seine Frau stammte aus der Gegend, so dass sie dort Familie und Freunde hatten. JSC „Festo“ übernahm die bewährte Praxis der internationalen „Festo“-Büros, also ein kleines Vertretungsbüro in den Privathäusern der Beschäftigten einzurichten. So schlug der Arbeitgeber Svajunas vor, seinen Arbeitsplatz nach Hause zu verlegen. Svajunas gefiel die Idee. Das Unternehmen half ihm, in Klaipeda eine Wohnung zu kaufen und in einem der Zimmer ein Büro einzurichten. Außerdem stellte es ihm ein Mobiltelefon, einen PC, weitere Bürogeräte und einen Firmenwagen zur Verfügung.

Da ein technischer Mitarbeiter häufig Kunden besuchen muss, bestand für das Unternehmen keine Notwendigkeit, ein Büro in eigenen Räumlichkeiten zu eröffnen. Svajunas arbeitet nun schon seit zehn Jahren in Telearbeit und ist glücklich darüber, weil er seine Zeit selbständig einteilen und Beruf und Familie besser miteinander vereinbaren kann. Diese Arbeitsbedingungen sind für ihn sehr günstig, vor allem, weil seine Kinder noch klein sind. Sind sie einmal krank und müssen ins Krankenhaus gebracht werden, kann er seine Arbeit so planen, dass er seine Familie unterstützen und gleichzeitig seine beruflichen Pflichten erfüllen kann. Svajunas sagt lachend: „Meine Kolleginnen und Kollegen ziehen mich immer mit meinen Arbeitsbedingungen auf. Sie sagen, dass ich nur aufstehen und in meine Flipflops schlüpfen muss, und schon bin ich im Büro.“

Wie Svajunas erklärt, bringt diese Arbeitssituation jedoch auch einige Nachteile mit sich. Da er Kunden betreut, muss er sie gelegentlich auch persönlich besuchen, zum Beispiel um „Festo“-Produkte vorzustellen oder bestimmte Kundenwünsche zu erfüllen. In diesen Fällen muss Svajunas die Zusammenkünfte am Kundenstandort, in einem Café oder einem Bildungszentrum abhalten, weil er seine Kunden nicht ins häusliche Büro einladen kann. Dort spielen die Kinder.

Einmal in der Woche (freitags) fährt Svajunas zur Hauptniederlassung von JSC „Festo“ ins rund 200 Kilometer entfernte Kaunas. Außerdem finden Besprechungen in Kaunas statt, wenn die Firmenleitung, die sonst in der Niederlassung in Finnland tätig ist, nach Kaunas kommt. Diese Besprechungen werden stets im Voraus geplant, sodass Svajunas sich gut darauf einstellen kann.

Svajunas’ Ehefrau arbeitet als Buchhalterin unter ähnlichen Bedingungen. Ihr Arbeitsvolumen ist nicht sehr groß, und auch sie arbeitet zu Hause. Die familiäre Situation ist damit ziemlich außergewöhnlich, denn die kleinen Töchter werden von Mutter und Vater betreut. Die Eltern haben beschlossen, ihre Kinder nicht in einem Kindergarten, einer Tagesstätte oder bei einem Babysitter unterzubringen. Das finnische Recht verpflichtet Unternehmen mit 30 oder mehr Beschäftigten, ein Programm für die Gleichstellung der Geschlechter mit Maßnahmen zur Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf aufzustellen. Daher werden alle innovativen Maßnahmen in diesem Bereich toleriert, anerkannt und sogar von der Geschäftsleitung der JSC „Festo“, die das Unternehmen seit fünf Jahren führt, gefördert.

In Litauen wurde ein neues Gesetz erlassen, dass Folgendes vorsieht: Väter eines neugeborenen Kindes haben (bis zur Vollendung des ersten Lebensmonats des Kindes) Anspruch auf einen einmonatigen Vaterschaftsurlaub und auf Vaterschaftsgeld in Höhe von 100 % des auszugleichenden Arbeitsentgelts für diesen Zeitraum. Alle Beschäftigten in dem Unternehmen haben diesen Urlaub genommen. Svajunas nahm den einmonatigen Vaterschaftsurlaub bei der Geburt seiner Tochter Simona. Seiner Meinung nach ist der erste Lebensmonat eines Kindes für die Familie von entscheidender Bedeutung. In dieser Zeit entwickeln beide Elternteile erste Bindungen zu dem Baby, und die Mutter spürt die Unterstützung durch den Vater. Das stärkt die familiären Beziehungen. Darüber hinaus gibt JSC „Festo Lietuva“ allen Beschäftigten, die zwei oder mehr Kinder unter zwölf Jahren erziehen, die Gelegenheit, im Einklang mit dem litauischen Arbeitsrecht zusätzlichen Urlaub zu nehmen, der vom Unternehmen bezahlt wird. Dieser zusätzliche Urlaub wird von weiblichen wie männlichen Mitarbeitern in Anspruch genommen.6

Wie Svajunas berichtet, veranstaltet das Unternehmen für die Kinder der Beschäftigten jährlich eine Weihnachtsfeier, auf der auch Weihnachtsgeschenke verteilt werden. Vor einigen Jahren organisierte die Firma etwas ganz Besonderes für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Gemeinsam mit ihren Familien flogen sie in einem Zeppelin, der für Werbezwecke für einige Tage nach Litauen gebracht worden war, nach Kaunas. Dieses Erlebnis ist für Svajunas unvergesslich. Um die Motivation und Loyalität des Personals zu steigern, organisiert JSC „Festo“ regelmäßig Veranstaltungen für die Beschäftigten und ihre Familien. Alle sollen sich als Teil einer großen Familie fühlen.