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3. Eine Managerin mit hoher Arbeitsbelastung, Mutter von Zwillingen, einer davon mit besonderem Betreuungsbedarf

Vorgestellt von „Finnish Institute of Occupational Health (FIOH)“, Finnland

Interviewte Person: Nina K., weiblich

Darstellungsform des Interviews: Zusammenfassung durch den Autor / die Autorin

In welchen Bereichen hat die Beschäftigte Unterstützung erhalten?

    • Unterstützung des Unternehmens in der Elternzeit / in der Kinderbetreuung

    • Kinderbetreuungsangebote

    • Anderer Bereich: Unterstützung bei der Sorge für ein behindertes Kind

Nina K, 40 Jahre alt, lebt als alleinerziehende Mutter von zwei Söhnen in Helsinki. Die gelernte Diplom-Kauffrau arbeitet als stellvertretende Controllerin und Chefbuchhalterin bei einem multinationalen Pharmakonzern. In ihrem Beruf ist sie durch ihren verantwortungsvollen Aufgabenbereich und den starken Termindruck in Helsinki und bei der Konzernzentrale erheblich gefordert.

Ninas Söhne Marcus und Niclas sind eineiige Zwillinge von 10,5 Jahren. Marcus braucht auf Grund einer infantilen Zerebralparese besondere Pflege. Er benötigt eine Gehhilfe oder einen Rollstuhl, um sich fortzubewegen. Wie so viele Zwillinge, halten auch Marcus und Niclas fest zusammen und unterstützen sich gegenseitig.

Nach der Geburt der Zwillinge blieb Nina zunächst etwa ein Jahr lang zu Hause und kombinierte Mutterschaftsurlaub mit Elternzeit. Direkt nach der Elternzeit kehrte sie ins Büro zurück. Der Vater nahm nur eine minimale Väterzeit nach der Geburt der Jungen. Vor zehn Jahren war Väterzeit in Finnland noch sehr unüblich.

In Finnland können Eltern von Kindern mit besonderem Betreuungsbedarf ihre (wöchentliche oder tägliche) Arbeitszeit reduzieren bis das Kind 18 Jahre alt ist. Alle Eltern können mit ihrem Betrieb eine kürzere Arbeitszeit vereinbaren bis das Kind das zweite Schultrimester abgeschlossen hat. Eltern, die von dieser Regelung Gebrauch machen, erhalten dann teilweise einen Lohnausgleich.

Diese Form der Arbeitszeitverkürzung war in Finnland nie sehr beliebt. Auch für Nina kam Teilzeit nie in Frage, und sie kehrte nach ihrer Elternzeit sofort in Vollzeit auf ihre Arbeitsstelle zurück. Sie sieht sich nicht als „mütterlich“ sondern eher als Karrierefrau. Die attraktive Bezahlung und guten Aufstiegsmöglichkeiten in einem herausfordernden Umfeld förderten zusätzlich ihren Entschluss, schnell wieder in Vollzeit zu arbeiten.

Nina fällt es leicht, am Arbeitsplatz über Familienthemen zu sprechen. Ihre Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen haben sie immer unterstützt. Besondere Vereinbarungen wurden aber nicht getroffen, und Nina hatte auch nicht darum gebeten.

Auf die Frage, ob es für sie schwierig gewesen sei, Beruf und Familie zu vereinbaren, gibt Nina eine für sie typische Antwort: Sie sieht sich als starke Frau und ist stolz darauf, die Herausforderungen von Job und Familie gleichermaßen zu meistern.

Die Arbeit bedeutet Nina sehr viel. Der tägliche Kontakt mit anderen Erwachsenen gibt ihr Energie. Sie tauscht sich gerne mit Kolleginnen und Kollegen über ihre Arbeit aus, und man unterstützt sich gegenseitig. Nina hält sich für eine gute Mitarbeiterin.

Das ausgezeichnete System von Kindertageseinrichtungen in Finnland hat dazu beigetragen, dass Nina Beruf und Familie gut miteinander vereinbaren kann. Als sie nach ihrer Elternzeit an ihren Arbeitsplatz zurückkehrte, wurden ihre beiden Söhne ganztägig in einer städtischen Kindertagesstätte betreut. Vor der Grundschulzeit besuchten beide Kinder die Vorschule. Für Nina war es eine große Hilfe, dass ihre Söhne in den ersten beiden Schuljahren auch morgens und nachmittags betreut wurden. So konnte sie in Vollzeit arbeiten.

Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass es die Entwicklung des Kindes fördert, wenn es frühzeitig in eine gute Kindertageseinrichtung kommt. Auch Nina schätzt, dass ihre Söhne von guten Einrichtungen profitiert haben: Die Kinder wurden in kleinen Gruppen in anregender Umgebung interaktiv betreut, ohne dass es ihnen langweilig wurde. Häufig wurden die beiden Jungen auch von Ninas Eltern abgeholt, sodass sie nicht zu lange warten mussten.

Es kommt vor, dass sich Nina durch das Ausfüllen von Förderanträgen für den behinderten Marcus erschöpft und gestresst fühlt. Sie sieht aber optimistisch in die Zukunft. Die Jungen wachsen langsam heran, und Nina spürt, dass die „mütterlichen Pflichten“ für sie leichter werden.