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31. Flexibilität ist wichtig bei Schichtarbeit

Vorgestellt vom „Sozial Innovation Fund“, Litauen

Interviewte Person: Gerute K., weiblich

Darstellungsform des Interviews: Zusammenfassung des Interviews durch den Autor / die Autorin sowie Originalzitate

In welchen Bereichen hat die Beschäftigte Unterstützung erhalten?

    • Flexible Arbeitsregelungen

    • Anderer Bereich: vom Arbeitgeber organisierte Treffen und Feiern

Gerute K. lebt in Panevezys und arbeitet seit zehn Jahren als Sicherheitsfachkraft in der Sicherheitsfirma JSC „Jaros Sauga“. Es ist in Litauen nicht üblich, eine Frau in Uniform im Supermarkt oder Fachgeschäft zu sehen, aber Gerute liebt ihre Arbeit und möchte nicht tauschen. Sie ist 48 Jahre alt, geschieden und hat vier Kinder großgezogen. Ihr Sohn ist mittlerweile 25 Jahre alt, die drei Töchter sind 23, 22 und 17 Jahre alt. Die jüngste Tochter lebt noch bei der Mutter. Die Kinder sind zwar schon groß, aber Gerute erinnert sich gut an die Zeit, als sie noch klein waren: Ihr Mann war meistens bei der Arbeit, und sie musste arbeiten und sich um die Kinder kümmern.

Gerute ist eine sehr aktive Frau, die viel arbeitet und stets bestrebt ist, Neues dazuzulernen. „Wenn Leute sagen, dass es keine Arbeit für sie gibt, glaube ich das nicht. Das stimmt einfach nicht, sondern es liegt an ihrer Faulheit und mangelnden Arbeitsbereitschaft“, sagt Gerute. Sie arbeitete im Kindergarten als Köchin und gelegentlich als Kindermädchen.

Als ihr erster Sohn geboren wurde, war Gerute in einem Kindergarten beschäftigt. Sie nahm Mutterschaftsurlaub, kehrte jedoch bereits an ihren Arbeitsplatz zurück, als ihr Sohn acht Monate alt war, obwohl die Kindergartenleitung ihr nahe gelegt hatte länger zu Hause bei ihrem Kind zu bleiben und den Mutterschaftsurlaub zu genießen.

Gerutes Eltern waren sehr früh gestorben, weshalb sie und ihr Mann bei der Kinderbetreuung nicht auf große Hilfe von außen zählen. Dank ihres besonderen Arbeitsumfelds und des guten Willens der Kindergartenleitung ebenso wie der übrigen Beschäftigten konnte Gerute ihren Sohn mit in den Kindergarten bringen. So war es ihr möglich, Kinderbetreuung und Beruf miteinander zu vereinbaren. Diese günstige Situation am Arbeitsplatz ermutige sie, die Arbeit auch nach der Geburt ihrer anderen drei Kinder früh wieder aufzunehmen. Sie brachte ihre Kinder mit in den Kindergarten und konnte sie in ihrer Arbeitszeit betreuen. Wenn eins der Kinder krank wurde, konnte sie einen Tag bezahlten Urlaub oder einen längeren Krankheitsurlaub nehmen, ohne den Verlust ihres Arbeitsplatzes zu riskieren.

Vielleicht habe ich Glück gehabt, dass ich in meinem Leben so viele gute Menschen getroffen habe und dass meine Arbeitgeber sehr verständnisvoll und entgegenkommend waren“, sagt Gerute.

Ihre neue Arbeit als Sicherheitsfachkraft war eine große Herausforderung für sie. Die Firma arbeitet rund um die Uhr im Schichtbetrieb, und Gerute musste die Kinder während ihrer Schicht allein zu Hause lassen. Ihre Kinder waren zu dieser Zeit schon älter als zwölf Jahre, so dass kein Anspruch auf zusätzliche Urlaubstage oder andere Leistungen bestand, die vom litauischen Recht für Eltern mit Kindern unter zwölf Jahren vorgesehen sind.

In unserer Firma ist die Mehrheit der Sicherheitskräfte weiblich, und fast alle von uns haben Kinder unterschiedlichen Alters. Wir haben großes Glück, dass unser Chef so verständnisvoll ist und unseren Problemen und Bedürfnissen immer aufgeschlossen gegenübersteht. Er ist eher ein Freund als nur ein Chef.“ Eine der familienfreundlichen Maßnahmen, die eingeführt wurden, war die flexible Arbeitszeitregelung auf Schichtbasis. Die Frauen können ihre Schicht mit Kolleginnen oder Kollegen tauschen, wenn sie einen freien Tag brauchen. Beschäftigte mit kleinen Kindern werden ermuntert, die Möglichkeit des zusätzlichen Urlaubstages zu nutzen.

Während ihrer Tätigkeit für JSC „Jaros Sauga“ nahm Gerute eine zweite Stelle bei der Firma JSC „Biciulis“ an. Auch dort arbeitet sie als Sicherheitskraft, und zwar in einem der größten Einkaufszentren von Panevezys. Dank des Schichtbetriebs kann sie beide Arbeitsplätze miteinander vereinbaren. Beide Firmenleitungen sind sehr verständnisvoll und offen für die familiären Belange ihrer Beschäftigten, kommunizieren umfassend mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und gehen auf deren Bedürfnisse ein. Ebenso wie die anderen Frauen im Sicherheitsbereich kann Gerute immer um verkürzte Arbeitszeiten oder freie Tage bitten, falls sie dringend bei ihren Kindern bleiben muss. Außerdem kann sie ihre Mittagspause verlängern, um zu Hause gemeinsam mit ihrer Familie zu essen. Die Urlaube werden im Einklang mit der familiären Situation der Beschäftigten geplant. Gerute will im August nach London reisen und kann jetzt schon davon ausgehen, dass ihr Urlaub an den gewünschten Terminen genehmigt wird.

Unser Chef unterstützt uns wirklich sehr. Die Frauen, die hier arbeiten, wissen, dass sie sich in jeder Situation auf ihn verlassen können. Ein Anruf genügt, und uns wird geholfen.“

Wir organisieren regelmäßig eine Zusammenkunft mit anderen Beschäftigten und ihren Familien. Da JSC „Jaros Sauga“ Objekte in verschiedenen Städten in Litauen bewacht, treffen wir uns jedoch meist nur in der Stadt, in der wir arbeiten.“ Vor einigen Jahren veranstaltete die Firma eine Neujahrsfeier für die Beschäftigten und eine Weihnachtsaufführung für die Kinder des Personals in Anyksciai, dem Ort der Hauptniederlassung des Unternehmens. Da die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in verschiedenen Städten im Umkreis von 60 Kilometern von Anyksciai arbeiten, wurden sie mit dem Firmenbus abgeholt und zum Veranstaltungsort gebracht.

Es ist egal, wie viele Kinder man hat. Wenn man auf derart familienfreundliche Arbeitgeber trifft, wie ich sie in meinem Leben kennengelernt habe, ist alles möglich. Man kann beides haben – Beruf und Familie – und das Leben genießen.“