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5. Flexible Aufteilung der Elternzeit auf Vater und Mutter

Vorgestellt von „Sozialforschungsstelle Dortmund, ZWE der TU Dortmund“, Deutschland

Interviewte Person: Bastian P., männlich

Darstellungsform des Interviews: Zusammenfassung des Interviews durch den Autor / die Autorin sowie Originalzitate

In welchen Bereichen hat der Beschäftigte Unterstützung erhalten?

  • Unterstützung des Unternehmens in der Elternzeit / in der Kinderbetreuung

  • Flexible Arbeitsorganisation

  • Anderer Bereich: Unterstützung durch die Kommune bei der Vermittlung einer Tagesmutter

Bastian P. ist 34 Jahre alt, verheiratet und Vater von zwei Kindern (Felix 2,5 Jahre alt, Charlotte, 6 Monate alt). Er arbeitet als Vollzeitkraft seit zwei Jahren an der Sozialforschungsstelle der TU Dortmund als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einem befristeten Arbeitsverhältnis, seine Ehefrau ist ebenfalls Wissenschaftlerin und an einer anderen Universität mit 30 Stunden in der Woche beschäftigt.

Als Bastian zum ersten Mal Vater wurde, war er freiberuflich tätig und hat vorwiegend Management-Schulungen entwickelt und durchgeführt. Dies erlaubte ihm, einen großen Teil der Arbeitszeit in häuslicher Umgebung zu verbringen und im Wechsel mit seiner Ehefrau die Elternzeit1 in den ersten 8 Lebensmonaten des Kindes zu übernehmen. „Das Gesetz mit seinen Möglichkeiten zur Elternzeitgestaltung ermuntert Väter geradezu, die Elternzeit in Anspruch zu nehmen, da man kaum Gehaltsverluste hat und die Elternzeit der Väter zu einer intensiven Vater-Kind-Beziehung beiträgt“, so Bastian.

Da er und seine Frau auch mit Kindern gerne weiterhin berufstätig sein wollten, haben sie sich schon beim ersten Kind entschieden, frühzeitig (ab dem zweiten Lebensmonat) eine Tagesmutter hinzuzuziehen. Bastian: „Wir empfinden dies als beste Betreuungsmöglichkeit für Kinder, da eine starke emotionale Bindung zwischen Tagesmutter und Kind entsteht. Zudem können Arbeitszeitmodelle gefahren werden, die z.B. mit Tageseinrichtungen in der Form und Flexibilität nicht möglich sind. Wir haben die Tagesmutter schon hinzugezogen, als Felix zwei Monate alt war, damit er frühzeitig eine Bindung zu ihr aufbaut, sie als feste Bezugsperson wahrnimmt und somit Trennungsängste gar nicht erst aufkommen.“

Diese Fremdbetreuung war in den ersten Monaten auf wenige Stunden in der Woche ausgelegt und hat sich nach 5 Monaten auf folgendes Wochen-Modell gesteigert: 3 Tage á 9 Stunden und 2 Tage á 5 Stunden. Die Tagesmutter wurde über die Stadt Dortmund und einen Träger vermittelt. Sie betreut bis zu zwei weitere Kinder gemeinsam mit einer anderen Tagesmutter in einer eigens dafür angemieteten Wohnung.

An der Sozialforschungsstelle, an der er seit April 2008 beschäftigt ist, forscht und berät er eigenverantwortlich zu unterschiedlichen Kontexten der Arbeitswelt. Diese Projekte werden von ihm weitestgehend eigenständig akquiriert und bearbeitet, sein befristetes Arbeitsverhältnis verlängert sich entsprechend der eingeworbenen Projekte/Projektlaufzeiten. Das Arbeitsverhältnis ähnelt demnach dem eines Freiberuflers. Nach seiner Feststellung ist es ohne Festanstellung in dem Marktsegment für Geisteswissenschaftler/innen kaum möglich, aus familiären Gründen eine längere Auszeit vom Berufsleben zu nehmen.

Aufgrund der positiven Erfahrungen hat das Ehepaar sich entschieden, auch beim zweiten Kind nur eine kurze Auszeit vom Berufsleben zu nehmen, die Elternzeit aufzuteilen und die Tagesmutter auch für das zweite Kind frühzeitig zu nutzen. Seine Frau hat nach der Geburt die ersten drei Monate eine berufliche Pause eingelegt, was sinnvoll war, da sie in dieser Zeit ihre Tochter gestillt hat. Bastian hat in den darauf folgenden zwei Monaten die Betreuung übernommen. Aktuell sind beide Elternteile berufstätig, die Betreuung der Kinder wird in dieser Zeit von der Tagesmutter übernommen.

Bastian ist zum Zeitpunkt des Interviews seit ein paar Wochen aus der ersten Phase der Elternzeit seines zweiten Kindes wieder an seinen Arbeitsplatz zurück gekehrt. Er wird die nächsten zwei Monate seinen Beruf in vollem Umfang fortsetzen, um anschließend wieder für weitere zwei Monate Elternzeit zu nehmen. Diese zweite berufliche Auszeit ist aus Betreuungssicht nicht unbedingt notwendig, da die Tagesmutter inzwischen die komplette Betreuung während der Arbeitszeit übernommen hat, aber aus pädagogischen und familiären Gesichtspunkten ist es ihm wichtig, in dieser Phase der Elternschaft eine weitere intensive Vater-Kind-Zeit möglich zu machen und dafür die Zeit der Betreuung durch die Tagesmutter zu verringern.

Bastian empfindet das Modell der alternierenden Elternzeit für alle Beteiligten als optimal. Die Absprache mit seinem Arbeitgeber, als sein zweites Kind unterwegs war, beschreibt er wie folgt: „Ich habe schon zu Beginn der Schwangerschaft mit meiner Frau ein Arbeitszeitmodell entwickelt, das unseren familiären und beruflichen Bedürfnissen entgegenkommt. Dieses Modell habe ich anschließend meinem Arbeitgeber vorgeschlagen. Mein Plan hat zwei zweimonatige Zeitabschnitte innerhalb der ersten 8 Monate nach der Geburt unserer Tochter vorgesehen. Mein Arbeitgeber hat diesen Plan wohlwollend aufgenommen. Wichtig ist die frühzeitige Planung, da dadurch die in der Phase der Elternzeit anstehenden Projektarbeiten entsprechend umverteilt werden konnten. Ich musste zwar ein paar Termine in den zwei Monaten der ersten Phase meiner Elternzeit wahrnehmen, die sich nicht auf andere Personen übertragen ließen, insgesamt hatte ich aber mit der Arbeit in der Elternzeit wenig zu tun. Die Auftraggeber der Projekte waren über meine Elternzeit informiert und meine Aufgaben so gelegt, dass meine Kollegen/innen mich kaum vertreten mussten und die Projektarbeit nicht gelitten hat. Da es sich nur um zwei Monate gehandelt hat, konnte ich meine Projekte im Anschluss weiter bearbeiten und war nicht so sehr aus dem Berufsleben heraus, wie jemand, der z.B. sechs Monate Elternzeit am Stück genommen hätte.“ Von einer Reduzierung der Arbeitszeit hält er nicht viel, da man meistens doch mehr als die vertraglich festgelegten Stunden arbeiten würde.

Auch der Arbeitgeber würde Nutzen aus dem Modell ziehen, würde doch die Projektarbeit von der verantwortlichen Person weiter durchgeführt werden. Dass dieses Modell auf gegenseitiger Rücksichtnahme beruhen muss, hält Bastian für unerlässlich. „Genauso wie ich mir wünsche, dass mein Wunsch nach Elternzeit vom Arbeitgeber respektiert wird und ich von der Arbeit freigestellt bin, ist es für mich selbstverständlich, dass ich an wichtigen und nicht verschiebbaren Termine, die in der Elternzeit anfallen und die nur ich als Projektverantwortlicher wahrnehmen kann, auch teilnehme.“

Einen weiteren Pluspunkt sieht er in der engen Vater-Kind-Beziehung, die durch die Elternzeit entsteht. Er kann dieses Modell jedem Vater ans Herz legen, da sich die Bindung zum Kind in diesen Monaten immens festigt. Dieser Effekt macht sich auch bei der Beziehung zum älteren Kind bemerkbar, das von der Elternzeit, die aufgrund des jüngeren Kindes genommen wird, mit profitiert. So wurde in der Elternzeit auch für das ältere Kind die Dauer der Betreuung durch die Tagesmutter reduziert, so dass auch dieses mehr Zeit mit dem jeweils betreuenden Elternteil verbringt.

Für ihn als Vater bietet das Modell eine gute Work-Life-Balance. „Man kommt durch die Elternzeit ein paar Monate aus dem Berufsalltag raus und startet danach mit neuer Energie. Nachdem ich zwei Monate zu Hause war, habe ich mich wieder auf das Büro gefreut und jetzt, wo ich eine Zeit wieder im Büro bin, freue ich mich auch wieder sehr auf die Zeit zu Hause mit den Kindern.“