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7. Work-Life-Balance durch Arbeitszeitkonten

Vorgestellt von „Sozialforschungsstelle Dortmund, ZWE der TU Dortmund“, Deutschland

Interviewte Person: Britta W., weiblich

Darstellungsform des Interviews: Zusammenfassung des Interviews durch den Autor / die Autorin sowie Originalzitate

In welchen Bereichen hat die Beschäftigte Unterstützung erhalten?

  • Flexible Arbeitsorganisation

  • Anderer Bereich:

      • Unterstützung der Kommune beim Finden einer Tagesmutter

      • Flexibilität der Tagesmutter

      • Vereinbarungen zum Wiedereinstieg mit dem Arbeitgeber vor Beginn des Mutterschutzes

Britta W. ist 33 Jahre alt, verheiratet und hat eine Tochter im Alter von 1,5 Jahren. Sie ist Trainerin in einer großen deutschen Bank, für die sie die Beschäftigten im Bereich Verkauf / Kundenkontakt schult. Die Schulungen umfassen Einzelcoachings, Workshops, Seminare und Teamrunden. Ihr Mann arbeitet ebenfalls an der Bank, geht aber anderen Aufgaben im Kundenbereich nach.

Bevor Britta im September 2008 in den Mutterschutz ging, arbeitete sie ebenso wie ihr Mann in Vollzeit. Ihr Wunsch war von Anfang an, nach der Geburt ihrer Tochter rund ein Jahr aus dem Berufsleben auszuscheiden und anschließend auf eine halbe Stelle (19 Stunden pro Woche) an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren. „Vollzeit für beide geht bei uns nicht, weil wir vorher nie vor sieben, acht Uhr zu Hause waren und das wäre halt absolut überhaupt nicht gegangen mit Kind. Bei mir lässt es sich auch besser vereinbaren mit der Teilzeit weil ich keine direkten Kunden betreue, während mein Mann einen Kundenstamm betreut und da ist es mit der Teilzeit auch noch mal schwieriger.“

Britta hat ihren Vorgesetzten zu Beginn der Schwangerschaft darüber in Kenntnis gesetzt, dass sie ein Kind erwartet und bald darauf ein gemeinsames Gespräch zur zukünftigen Planung ihrer Tätigkeit mit ihm geführt. Dabei erläuterte sie, wie lange sie aus dem Beruf aussteigen wollte und wie sie sich die Zeit danach vorstellte. Sie einigten sich sehr schnell, dass Britta nach einer rund einjährigen Auszeit, in der sie die Betreuung ihres neugeborenen Kindes übernimmt, mit 19 Wochenstunden wieder in den Beruf zurückzukehren kann.

Nach der Geburt ihrer Tochter kümmerten sich Britta und ihr Mann darum, eine geeignete Tagesmutter zu finden, die während ihrer Abwesenheit die Tochter betreut. Die Betreuung durch eine Kindertagesstätte kam nicht in Frage, da das Ehepaar in einer ländlichen Region wohnt, in der das Betreuungsangebot für Kleinkinder eingeschränkt ist. Die Tagesmutter haben sie über das für sie zuständige Jugendamt gefunden. Als Betreuungszeit wurden 3 Tage wöchentlich - zwei volle und ein halber Tag - vereinbart. Die Betreuung sollte in der Wohnung der Tagesmutter stattfinden.

Kurz bevor Britta nach der Familienpause ihre Tätigkeit bei der Bank wieder aufnahm, wurde ihr von einem weiterer Vorgesetzten vorgeschlagen, ein Jahresarbeitszeitkonto einzurichten, ein Konzept, das auch schon von anderen Beschäftigten der Bank praktiziert wurde, das sie aber vorher nicht kannte.

Das Konzept sieht vor, dass die vereinbarten 19 Stunden mit 52 Wochen multipliziert und die Urlaubs- und Feiertage vom Ergebnis abgezogen werden. Die errechnete Arbeitszeit kann dann im Laufe des Jahres flexibel genutzt/abgerufen werden. Britta nahm dieses Angebot gerne an. Sie beurteilt es als optimal auf ihre Situation zugeschnitten, da es ihr die Möglichkeit gibt, die Wochenarbeitszeiten entsprechend ihren familiären Verpflichtungen flexibel anpassen zu können. So kann sie z.B. in einer Woche mehr als 19 Stunden arbeiten, um dann in der nächsten Woche ihre Arbeitszeit zu reduzieren, um familiäre Termine wahrzunehmen.

Dieses Arbeitszeitmodell lässt sich zudem sehr gut mit ihrer beruflichen Tätigkeit vereinbaren, da sie relativ frei bestimmen kann, wann die Trainings stattfinden. „Wir machen eine Vier-Monats-Planung, das heißt, alle vier Monate bekomme ich von meinem Chef eine Liste mit Aufträgen, die in der Zeit durchgeführt werden sollen. Ich trete dann direkt an die betreffenden Personen heran und mache Termine mit ihnen ab.“ Da sie mit ihrer Tagesmutter feste Tage für die Betreuung ihrer Tochter vereinbart hat, legt sie die Termine entsprechen fest, so dass die Betreuung gesichert ist. Da ihre Tagesmutter flexibel ist, kann sie in besonderen Fällen auch außerhalb der festgelegten Betreuungszeiten auf sie zurückgreifen. Allerdings wird verlangt, dass sich die Wochenarbeitszeiten im Jahresverlauf relativ gleich verteilen. „Die Prämisse war nicht, im Juni schon fertig zu sein mit der Arbeit und das nächste halbe Jahr nicht mehr zu arbeiten, was schlecht für die Planung der Abteilung wäre.“

Britta arbeitet seit November 2009 im Rahmen des Jahresarbeitszeitkontos. Sie ist mit dem Arbeitszeitmodell sehr zufrieden, da es sie bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie unterstützt: „Das klappt wunderbar. Meine Tochter hat so ein bisschen Probleme mit den Bronchien gehabt, aber ich brauchte noch nie beim Kinderarzt einen Krankenschein für mich selber beantragen, das konnte ich dann immer ganz gut auffangen.“ Auch ihre Entscheidung, ihrer Tochter durch eine Tagesmutter betreuen zu lassen, beurteilt sie positiv. Sie ist mit der betreuenden Person sehr zufrieden, sie sei zuverlässig und flexibel. Ihre Tochter sei bei ihr gut aufgehoben und fühle sich sehr wohl. Sie würde es rückblickend nicht anders machen wollen.