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8. Kinderbetreuung durch einen Betriebskindergarten

Vorgestellt von „Sozialforschungsstelle Dortmund, ZWE der TU Dortmund“, Deutschland

Interviewte Person: Sven K., männlich

Darstellungsform des Interviews: Zusammenfassung des Interviews durch den Autor / die Autorin sowie Originalzitate

In welchen Bereichen hat der Beschäftigte Unterstützung erhalten?

  • Kinderbetreuungsangebote

  • Flexible Arbeitsorganisation

Hintergrundinformationen

Die Dortmunder Stadtwerke (DSW21) sind eine kommunale Gesellschaft des öffentlichen Nahverkehrs mit etwa 1.900 Beschäftigten. DSW21 hat weitere Aufgaben auf Tochter- und Beteiligungsgesellschaften übertragen. Eine davon ist die Dortmunder Energie und Wasser (DEW21), ein Unternehmen mit rund 1.000 Beschäftigten, das die Stadt Dortmund mit Erdgas, Strom, Wärme und Wasser versorgt.

DSW21 hat 1990 durch eine Mitarbeiter/inneninitiative die Idee zum Bau einer Kindertagesstätte entwickelt und 1993 in die Tat umgesetzt: Das Unternehmen übernahm 1,7 Millionen Euro für die Baukosten und errichtete die Kindertageseinrichtung auf seinem Firmengelände. In der AWO (Arbeiterwohlfahrt)3 fand es einen Partner, der die Einrichtung führt und der bereit war, konzeptionelle Wünsche wie Ganztagsbetreuung und flexiblere Öffnungszeiten umzusetzen. AWO und DSW21 unterzeichneten einen Kooperationsvertrag, der grundlegende Absprachen der Zusammenarbeit und der Verantwortlichkeiten festlegte.

Die Einrichtung wird von DSW21 sowohl finanziell als auch durch Dienstleistungen unterstützt. Das Unternehmen finanziert eine halbe Erzieherinnenstelle, übernimmt 3% der Personalverwaltungs- und 9% der Betriebskosten und kommt für die Instandsetzung des Gebäudes und des Außengeländes auf. Alle anderen Kosten werden, wie in den meisten anderen Kindertagesstätten auch, über die Kommune und Elternbeiträge abgedeckt

Zudem wurde eine Vereinbarung über Belegrechte von Betreuungsplätzen getroffen. Das Angebot kann von Beschäftigten der DSW21 sowie von den Beschäftigten der Tochtergesellschaft DEW21 genutzt werden. Standen bis 2008 insgesamt 15 Betreuungsplätze für Kinder von Mitarbeiter/-innen zur Verfügung, wurde das Angebot inzwischen auf 20 Plätze ausgeweitet. Weitere 50 Plätze werden vom Träger frei vergeben.

Mit dem Betriebskindergarten bieten DSW21 und DEW21 ihren Beschäftigten die Möglichkeit, Kinder ab dem 4. Monat betreuen zu lassen. Die Öffnungszeiten reichen von 7 Uhr bis 16.30 und nach Vereinbarung auch bis 17Uhr.

Sven K. ist 44 Jahre alt, verheiratet und Vater von zwei Kindern (6 und 9 Jahre). Er arbeitet seit 1991 bei der DEW21 und ist seit 2000 Betriebsmeister im E-Netzbetrieb (Stromversorgung). Seine Frau ist halbtags (20 Stunden pro Woche) als Assistentin der Geschäftsführung einer Firma im Bereich Energie- und Informationstechnologie beschäftigt.

Als das erste Kind geboren wurde, sah die berufliche Planung des Ehepaares so aus, dass seine Frau, die vor der Geburt eine volle Stelle hatte, ihre Arbeit für gut zwei Jahre die Arbeit unterbrechen und anschließend mit einer halben Stelle wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren wollte. Die Eltern bemühten sich bald nach der Geburt des Kindes um einen Platz in einer Kindertageseinrichtung. Sie verschafften sich zunächst einen Überblick über die Möglichkeiten in ihrer näheren Umgebung und schauten sich einige Einrichtungen an. Da Sven als Mitarbeiter der DEW21 die Möglichkeit offen stand, sein Kind im Betriebskindergarten „AWO/DSW21 und DEW21“ anzumelden, fiel diese Einrichtung in die engere Auswahl.

Die Eltern entschieden sich schließlich für diese Einrichtung, da sie den Eindruck hatten, dass sie gegenüber anderen Kindertagestätten viele Vorzüge bot. Ausschlaggebend war dabei vor allem die Tatsache, dass die Einrichtung Ganztagsplätze sowie eine warme Mittagsmahlzeit anbietet und Kinder unter drei Jahren annimmt. Diese Betreuungsmöglichkeiten waren 2003, als das Ehepaar ihr jüngstes Kind anmeldeten nur wenig verbreitet; sie waren den Eltern aber sehr wichtig, da die Frau von Sven sonst die Arbeitszeitanforderungen ihres Arbeitgebers nicht hätte erfüllen können.

Die Anmeldung für den Kindergartenplatz lief unproblematisch und sie erhielten sehr schnell die Bestätigung, dass ihr Kind aufgenommen würde. Sie zahlen einen Kindergartenbeitrag, der genauso hoch ist wie in anderen Einrichtungen. Positiv empfindet Sven, dass die Anmeldung auch mitten im Kindergartenjahr möglich war, sie also nicht, wie oft üblich, an einen festen Termin gebunden war. Somit konnte seine Frau ihren Wunsch realisieren und nach rund zwei Jahren wieder in den Beruf einsteigen.

Der Arbeitgeber von Sven führte vor einigen Jahren flexible Arbeitszeiten ein, um den Beschäftigten die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erleichtern. So kann Sven relativ frei bestimmen, wann er morgens seine Tätigkeit beginnt und wie spät er sie beendet, solange sein „Arbeitszeitkonto“ in einem bestimmten Rahmen nicht über- oder unterschritten wird. Zur Möglichkeit, das Kind in Ausnahmenfällen auch mal etwas später abzuholen meint Sven: „Da kann man also sagen, ich brauch’ die Betreuung bis 17 Uhr, ich habe noch einen Termin wahrzunehmen, aber dann muss man das einen Tag vorher anmelden.“ Aufgrund der positiven Erfahrungen wählten die Eltern auch für ihr zweites Kind die Betreuung durch den Betriebskindergarten. Ihr Sohn wurde ab 24 Monaten im Betriebskindergarten ganztags betreut und fühlte sich dort von Anfang an sehr wohl.

Sven führt neben den Öffnungszeiten viele weitere Vorzüge des Betriebskindergartens AWO/DSW21 und DEW21 an: Das Gebäude ist im Vergleich zu vielen anderen Einrichtungen weiträumig und unter ökologischen Gesichtspunkten eingerichtet. Es verfügt über eine große Außenanlage und über einen Wasserspielplatz. Zudem befindet sich auf dem Gelände eine Bewegungshalle für die Kinder, die viele Möglichkeiten für sportliche Aktivitäten bietet. Die Anzahl der Betreuungspersonen ist aufgrund der finanziellen Unterstützung des Arbeitgebers etwas höher als in anderen Einrichtungen und es werden viele Aktivitäten wie Englischunterricht, Ballett, Experimentierkurse, Werkstattarbeit etc. angeboten.

Ebenfalls empfindet der Vater die Tatsache, dass auch Kinder von Kolleg/-innen in der Einrichtung untergebracht sind, als positiv, da dies das Miteinander stärke. „Dann kennt man sich einfach, das Netzwerk wird besser. Man sieht die Leute beim Bringen und Abholen der Kinder, auch die Kinder kennen sich untereinander und gehen gegenseitig auf die Geburtstage.“

Ehemalige Kinder, die die Einrichtung mit Beginn des Schulbesuchs verlassen haben, können die Kindertagesstätte ab und zu besuchen (nach Voranmeldung z.B. in der Ferienzeit oder an anderen Tagen, an denen die Schule geschlossen ist). Dies wird von Kindern und Eltern gerne wahrgenommen.

Auch dass sich die Kindertagesstätte auf einem der Werksgelände der DSW21 befindet, gilt als Pluspunkt, da an diesem Standort viele Beschäftigte tätig sind und so keine langen Anfahrtswege zum Betreuungsplatz auf sich nehmen müssen.

Sven ist mit der Entscheidung für den Betriebskindergarten insgesamt sehr zufrieden und würde diese auch heute wieder treffen.