Home Back

9. Eine positive Einstellung zu Behinderungen

Vorgestellt von „Merseyside Expanding Horizons Ltd”, Großbritannien

Interviewte Person: Chris W., weiblich

Darstellungsform des Interviews: Zusammenfassung des Interviews durch den Autor / die Autorin sowie Originalzitate

In welchen Bereichen hat die Beschäftigte Unterstützung erhalten?

  • Betreuungsmöglichkeiten für Familien mit älteren Angehörigen oder Menschen mit Behinderung

  • Flexible Arbeitsorganisation

  • Anderer Bereich: Unterstützung von Beschäftigten mit Behinderung

Chris arbeitet in einem kleinen Team bei einem gemeinnützigen Wohlfahrtsverband in Merseyside, Nordwest-England. Durch Fortbildungen und Informationskampagnen unterstützt der Verband nachhaltig Selbsthilfe- und Fördereinrichtungen für Menschen mit Behinderung in Merseyside.

Seit sieben Jahren hat Chris eine volle Arbeitsstelle bei dem Verband. Neben ihren Kernarbeitszeiten von 9.00 bis 16.30 Uhr ist sie durch den Arbeitsvertrag auch zu gelegentlichen Überstunden am Abend oder an Wochenenden verpflichtet, um an Sitzungen oder Fortbildungen teilzunehmen. Chris kann in gleitender Arbeitszeit schon um 7 Uhr morgens anfangen und hat auch die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten. Sie untersteht direkt der Geschäftsführung des Verbandes, die sich ihrerseits dem leitenden Kuratorium gegenüber verantworten muss.

Chris hat eine Körperbehinderung und ist auf Gehhilfen oder einen Rollstuhl angewiesen. Barrierefreiheit und die Möglichkeit, Auto zu fahren, sind beruflich für sie unabdingbar, sei es im Büro, für den Außendienst bei anderen Organisationen oder zur Teilnahme an Fortbildungen und sonstigen Veranstaltungen.

Damit Chris ihre Arbeit in Vollzeit ausüben kann, ist es für sie besonders wichtig, dass ihr Arbeitgeber sie darin unterstützt, Familien- und Privatleben mit ihrem Beruf zu vereinbaren. Auch wenn dies nicht formal festgelegt ist, ist es eine der Stärken des Verbandes, für den Chris arbeitet, die privaten und familiären Bedürfnisse seiner Beschäftigten zu berücksichtigen.

Diese Unterstützung ist für Chris auch deshalb so wichtig, weil sie eine 22-jährige Tochter mit ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom mit Hyperaktivität) versorgt und sich außerdem gelegentlich um ihre sechs Enkelkinder kümmert.

Einmal konnte Chris infolge ihrer Behinderung drei Monate lang nicht zur Arbeit. Ihr Arbeitgeber gewährte ihr in dieser Zeit nicht nur bezahlten Sonderurlaub, sondern unterstützte sie auch aktiv bei der anschließenden Wiedereinarbeitung. Der Leitsatz des Verbandes „Wir tun alles, damit unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder erfolgreich an ihren Arbeitsplatz zurückkehren können“, half ihr sehr bei der Rückkehr zur Vollzeit-Arbeit.

Chris’ Tochter verhält sich infolge ihrer Behinderung manchmal sehr unberechenbar. Wenn Chris in solchen Krisen von zu Hause aus angerufen wird, hat sie von ihrem Arbeitgeber die Erlaubnis, alles stehen und liegen zu lassen und sofort nach Hause zu fahren, um ihrer Tochter zu helfen. Der Arbeitgeber weiß, dass er sich darauf verlassen kann, dass Chris so bald wie möglich wieder ins Büro zurückkehrt, und wenn dies nicht möglich ist, ihre Arbeit von zu Hause aus zuverlässig erledigt.

Als Chris’ Tochter schwanger war, brauchte sie sehr viel Unterstützung. Sie musste regelmäßig ins Krankenhaus und hatte acht Tage lang Wehen. Chris’ Arbeitgeber gewährte ihr in dieser Zeit flexible Arbeitszeitregelungen im Sinne einer „Großmutterzeit“.

Ihr Arbeitgeber unterstützte Chris auch, als sie sich während eines fünfwöchigen Krankenhausaufenthaltes ihrer ältesten Tochter um deren 3- und 5-jährige Töchter kümmern musste. Der Verband gewährte ihr eine Verlängerung der Weihnachtsferien, in denen sich Chris ganz ihren Enkelinnen widmen konnte. Nach Rückkehr an ihren Arbeitsplatz vereinbarte sie wieder flexible Arbeitszeiten, damit sie die beiden Mädchen nachmittags von der Schule und der Tagespflege abholen konnte.

Das Erfolgsrezept dieser „ungeschriebenen Arbeitskultur“, die es Chris ermöglicht, bei einer Vollzeitstelle und vielen anderen persönlichen Herausforderungen auch noch ihre große Familie zu unterstützen, liegt in dem klaren Bekenntnis ihres Arbeitgebers zu einem gesunden Ausgleich von Arbeit und Privatleben.